Echtes Vertrauen gewinnen
Warum ist Vertrauen so zentral?
Ein guter zwischenmenschlicher Kontakt ist ohne Vertrauen nicht möglich. Wenn wir einander misstrauen, wird jeder Kontakt zum Spießrutenlauf, sind wir permanent in „Hab acht“-Stellung und beobachten einander mit Argusaugen. Das kostet viel Energie und lässt keine Leichtigkeit aufkommen.
Vertrauen in zwischenmenschlichen Begegnungen reduziert enorm die Komplexität, ein vertrauensvolles Miteinander ist einfacher und freudvoller.
Und im Arbeitskontext hilft Vertrauen Führungskräften über die Blindflugphasen, d.h. all die Zeiten, wo man seine Mitarbeitenden nicht sieht. So kann man darauf Vertrauen, dass sie auch dann arbeiten, wenn man nicht hinschaut. Insbesondere bei hohem Homeoffice-Anteilen geht es auch gar nicht anders.
Wann vertrauen wir neuen Menschen?
Grundsätzlich hat jeder von uns ein mehr oder minder starkes Grundvertrauen in andere Menschen. Dieses ist abhängig von Erfahrungen, die wir in unserem Leben gemacht haben. Wer häufig schlechte Erfahrungen gemacht hat, der misstraut wahrscheinlich neuen Kontakten erstmal. Wer hingegen vor allem gute Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht hat, läuft mit einem großen Vertrauensvorschuss durch die Welt.
Wie entsteht Vertrauen?
Kurz und knapp: Vertrauen ensteht durch erfüllte Erwartungen.
Und die einfache Formel, die man daraus ableiten kann:
Erwartungen erfüllt -> Vertrauen entsteht / bleibt erhalten
Erwartungen nicht erfüllt –> Misstrauen entsteht / bleibt erhalten
Vertrauen hat also immer eine Zeitdimension, es muss mit der Zeit entstehen. Man kann nicht erwarten, dass es sofort da ist, sondern sollte etwas Geduld mitbringen.
Frau Hartstahl kommt als Teamleiterin in ein neues Team und spürt schon in der ersten Besprechung, dass ihr viel Misstrauen entgegenschlägt. Niemand scheint ihre offene Grundeinstellung zu teilen. Stattdessen erlebt sie Kühle und Reserviertheit. Was ist hier los? Nach ein paar Wochen im Team nimmt sie eine jüngere Kollegin nach einer emotionalen Diskussion im Meeting zur Seite: „Es liegt nicht an Ihnen. Wir haben mit den letzten drei Teamleitungen sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Die haben viel Unruhe gestiftet und sind dann nach kurzer Zeit wieder gegangen. Es ist für uns nicht einfach, uns jetzt schon wieder auf jemand Neuen einzulassen.“
An diesem Beispiel sieht man deutlich, dass einmal entstandenes Misstrauen die Wiedererlangung von Vertrauen sehr schwierig macht. Toll ist die Intervention der jungen Kollegin, die es durch ihre ehrliche Selbstoffenbarung der Führungskraft erst möglich macht, die Dynamik im System zu verstehen.
Der geschilderte Fall mit der neuen Teamleiterin stammt aus einem unserer Führungsseminare. Die Teilnehmerin war eben jene neue Führungskraft, die einfach nicht verstehen wollte, warum es so lange dauert, bis man ihr vertraut. Die folgende Darstellung hat ihr dann geholfen zu verstehen, wie rasant ein Vertrauensverlust durch jede ihrer Vorgänger stattgefunden hat, aber dass das Zurückgewinnen von Vertrauen seine Zeit braucht. Ein erster Schritt besteht hier erst einmal darin, aus der Misstrauenszone herauskommen.

Wie viel Vertrauen ist auf der Arbeit notwendig?
It depends! – wie der Engländer zu sagen pflegt. 😉
Langjährige Zusammenarbeit oder große Projekte brauchen eine sehr viel größere Vertrauensbasis als kurzfristige Zusammenarbeit oder kleine Projekte. Die folgende Grafik zeigt Vertrauen als Fundament eines Gebäudes. Hier ist schnell offensichtlich, dass größere/höhere Gebäude auch ein passendes Fundament brauchen, um nicht umzukippen – insbesondere wenn man hoch hinaus will.

Wie kann man schneller Vertrauen gewinnen?
Wie Du weiter oben schon gelernt hast, braucht Vertrauen Zeit. Es gibt jedoch Möglichkeiten, den Vertrauensaufbau zu beschleunigen. Die beste Art Vertrauen zu gewinnen, ist der persönliche Kontakt. Im direkten Kontakt in Präsenz kann man am ehesten ein Gefühl für sein Gegenüber bekommen. Das liegt u.a. daran, dass wir dann am besten die Kongruenz (Stimmigkeit) zwischen dem Gesagten, der Körpersprache und der Stimme beurteilen können. Wer „stimmig“ wirkt, wer glaubwürdig klingt, dem man vertraut man, weil er authentisch ist. Und Menschen werden dann als authentisch wahrgenommen werden, wenn Inhalt, Gestik und Mimik sowie Stimme zueinanderpassen. Schon bei Verzögerungen im Millisekundenbereich meldet sich unser Bauch mit einem Störgefühl. Das zeigt auch, warum Videokonferenzen mit ihrem immer wieder auftauchenden zeitlichen Versatz von Bild und Ton zu einem echten Problem auf der Vertrauensebene werden können.
Daher lohnen sich regelmäßige Face-to-face-Treffen. Und selbst bei Großprojekten, wo alle Projektpartner große räumliche Distanzen zu überwinden haben, lohnen sich Auftakttreffen und gelegentliche Treffen in Präsenz.