12 leicht umsetzbare Methoden, das Wir-Gefühl zu stärken
Ein gutes Wir-Gefühl ist ein zunehmend wichtiger Faktor für Firmen. Er erhöht die Arbeitgeberattraktivität (insbesondere für die Generation Z) und ist oft Grundbedingung für hohe Teamleistungen. Eine hohe Identifikation mit dem Team führt dazu, dass Mitarbeiter*innen an die Organisation gebunden werden. Nur wenn ich mich mit Menschen verbunden und zugehörig fühle, bleibe ich „meinem Team“ treu.
Wie entsteht ein Wir-Gefühl? Und was kannst Du dafür tun?
Bei Teams, die in Präsenz miteinander arbeiten, entsteht ein Team-Gefühl oft ganz nebenbei. Nicht allen Führungskräften ist klar, dass ein Teil ihrer Führungsaufgabe darin besteht, ein Team zu formen und dazu beizutragen, dass ein Zugehörigkeitsgefühl, eine Teamidentität entsteht.
Im Folgenden findest Du 12 Faktoren, mit denen Du einen positiven Einfluss auf das Wir-Gefühl ausüben kannst:
1. Ein Team muss einander wahrnehmen!
Es ist sehr einfach und doch so bedeutsam: Nur Menschen, die sich regelmäßig wahrnehmen, können sich auch als Team wahrnehmen. Je mehr Wahrnehmungskanäle, desto besser. Wer im selben Raum arbeitet, sieht seine Kolleg*innen, hört sie, riecht sie (was nicht immer gut ist) und es entsteht eine Atmosphäre, die man spürt. Bei Teams, die auf Distanz arbeiten, fallen einige Wahrnehmungskanäle weg: man sieht sich nur noch, wenn man die Webcam bei Online-Treffen einschaltet, man hört einander nur noch, wenn man telefoniert und man riecht und fühlt sich gar nicht mehr. Damit schwindet auch automatisch, das Wir-Gefühl.
2. Miteinander an einem Thema arbeiten
Wenn jeder nur seins macht, vereinsamt man mit seiner Arbeit. Das ist ein wenig so wie Legehennen in Käfigen: jeder sitzt auf seinem Ei und brütet (über seinem Problem). Das macht aber nicht so viel Freude! Und ist bei weitem nicht so produktiv! Stattdessen sollten Probleme gemeinsam in enger Abstimmung diskutiert werden, um Lösungen zu finden.
Wer Teamgefühl stärken möchte, sollte also dazu sorgen, dass Menschen „gezwungen“ werden, miteinander zu arbeiten. Neben der Möglichkeit, sie aneinander zu ketten, bietet sich an, ihnen gemeinsame Arbeitsaufträge zu geben, die Abstimmung erfordern. Weiterhin kann man im Team eine Regel aufstellen, dass man im Homeoffice maximal 10 Minuten sein Problem-Ei alleine bebrüten darf und dann zum Chat oder Hörer greifen muss, um sich Unterstützung im Team zu holen.
Aber auch die gegenseitige Vertretung von Kolleg*innen hilft, besser zu erkennen, was die andere Person leistet und sie dafür zu wertschätzen.
3. Gemeinsame Ziele haben
Und das meint nicht: Wir machen alle die gleiche Arbeit. Das ist kein Ziel! Es braucht da sehr viel Konkreteres, das alle teilen, das für alle motivierend ist und letztendlich auch ein Zugehörigkeitsgefühl erzeugt. Zum Beispiel:
„Wir arbeiten gerade alle daran, wie wir unsere Fehlerquote von 30 auf 20 Prozent senken können.“
Wenn alle den Sinn dieses Ziels erkennen und dahinter stehen, entwickelt das eine unglaubliche Kraft. Dabei hilft es, Ziele gemeinsam festzulegen, sie zu verschriftlichen und regelmäßig zu thematisieren. Hier bieten sich zum Beispiel agile Zielsysteme wie Objectives und Key Results (OKR) an.
4. Sich gegenseitig unterstützen – Einer für alle, alle für einen
Schonmal auf der Arbeit in Not geraten? Ein wichtiger Termin steht kurz bevor und wirkt unerreichbar? Wegen eines Fehlers laufen die Telefone mit erbosten Kunden heiß? Oder es will Dir einfach nicht gelingen, eine komplexe Aufgabe zu durchdringen? Dann ist es unglaublich erleichternd, wenn ein Kollege oder eine Kollegin Dir Ihre Hilfe anbietet und ihr die Herausforderungen mit vereinten Kräften meistert.
Damit das gelingt, braucht es entweder aufmerksame und hilfsbereite Kolleg*innen, oder eine Teamkultur, wo gegenseitige Unterstützung zum Alltag gehört. So haben manche Teams eine morgendliche Routine (Daily), wo alle kurz sagen, woran sie arbeiten und ob sie Hilfe gebrauchen können. Der Vorteil einer solchen Institutionalisierung ist, dass gegenseitiger Unterstützung nicht dem Zufall überlassen wird. Ohne eine solche feste Struktur brauchte es entweder aufmerksame Kolleg*innen oder Mutige, die sich trauen, um Hilfe zu bitten.
5. Regelmäßige Teamtreffen / Meetings
Wie schon bei Tipp 1 erläutert, ist gegenseitige Wahrnehmung für den Teamzusammenhalt wichtig. Und die klassischste Möglichkeit sind Teamtreffen – am wirksamsten für das Teamgefühl sind sie, wenn sie in Präsenz stattfinden. Weil nur da alle Wahrnehmungskanäle dabei sind und weil nur da Atmosphäre und Details spürbar sind.
Wir erleben häufig, dass Mitarbeitende, die viel im Homeoffice arbeiten, es als lästig oder unnötig empfinden, extra für ein Teammeeting anzureisen. Aber die Erfahrung zeigt deutlich, dass diese Präsenztreffen eine andere, bessere Qualität haben. Als Führungskraft lohnt es sich daher „darüber nicht zu diskutieren“ und es am besten in einer Homeoffice-Richtlinie festzulegen, dass Präsenztreffen für alle verbindlich dazugehören.
6. Zeit für private Gespräche haben
Ein gutes Team besteht nicht aus Funktionsträgern, sondern aus Menschen! Und damit man diese Menschen jenseits der Arbeit kennenlernen kann, braucht es Gelegenheiten, um über Nicht-Fachliches reden zu können. Das können gemeinsame (Mittags-)Pausen sein, Teeküchengespräche oder der spontane Plausch rund um eine fachliche Frage.
7. Gemeinsam viel erlebt haben
Wie in einer langjährigen Beziehung wirkt auch auf der Arbeit gemeinsam erlebte Geschichte verbindend. Und diese Wirkung ist umso stärker, je größer die gemeinsamen Krisen und Erfolge waren, die man miteinander erlebt hat. Entsprechend können Teams mit nur einer kurzen gemeinsamen Geschichte oder einem Arbeitsalltag ohne Höhen und Tiefen hier nicht punkten.
8. Wertschätzender Umgang miteinander
Ein freundliches „Guten Morgen!“ auf dem Gang, eine interessierte Frage nach dem Wochenende oder ein aufbauender Kommentar, wenn es einem mal nicht so gut geht.
Ein netter Umgang unter Kolleg*innen lässt Wohlgefühl aufkommen – und das erhöht das Teamgefühl, weil die Zeit mit dem Team zu einer guten Erfahrung wird. Besonders bemerkenswert ist es, wenn diese Wertschätzung auch den Leistungsschwächeren gegenüber gelebt wird.
9. Gemeinsam feiern / lachen
Frühstücke, Geburtstage, Sommerfeste, Weihnachtsfeier – es gibt viele Gelegenheiten, um eine wirklich gute Zeit miteinander zu haben. Und diese Erfahrungen prägen sich noch einmal viel tiefer in unserem limbischen System als positive Erinnerung ein, als die im Arbeitsalltag verbrachte Zeit. Wie häufig haben wir schon Menschen voller Begeisterung und Leidenschaft von legendären Feiern berichten hören.
10. Entscheidungen gemeinsam treffen
Wer mitentscheidet, identifiziert sich vielmehr mit den Ergebnissen der Entscheidung, als wenn sie einem nur vorgesetzt wird. Zudem vermittelt es einen Umgang auf Augenhöhe, der ebenfalls bindend wirkt.
Damit man nicht ewig viel Zeit damit verbringt, im Team nach einem Konsens zu suchen oder durch effizienteres Mehrheitsentscheiden schlimmstenfalls doch 49% der Mitentscheider zu frustrieren, bieten sich moderne Methoden, wie der Konsent aus der Soziokratie oder das Systemische Konsensieren an. Was sperrig klingt, ist leicht erlernbar und bringt Teamentscheidungen auf ein neues Level.
11. Zusammenarbeitskultur gemeinsam gestalten
In vielen Teams, macht die Führungskraft alle übergeordnete Arbeit. Sie erstellt die Tagesordnung für ein Teamtreffen, moderiert die Sitzung, schreibt im Anschluss ein Protokoll, koordiniert Urlaubsanträge, stellt Teamregeln auf, an die sich alle halten sollen.
Entlastender für die Führungskraft und eine tolle Maßnahme, um das Teamgefühl zu steigern, ist es, alle an diesen übergeordneten Aufgaben zu beteiligen: durch rotierende Moderation und Protokollführung bei Teamsitzungen, jeder bereitet (s)einen Tagesordnungspunkt vor oder gemeinsame Entwicklung von Regeln der Zusammenarbeit.
12. Workshops zur Teambildung durchführen
In manchen Organisationen ist es normal, in anderen wird es gar nicht gemacht. Regelmäßige Teamworkshops außerhalb des Arbeitskontexts, über 2-3 Tage, mit einer externen Moderation geben viel Raum, um Grundsätzliches anzusprechen. Hier kann man neue Regeln der Zusammenarbeit festlegen oder alte nachschleifen, man kann Konflikte oder Spannungen ansprechen oder einfach durch Lachen und eine gute gemeinsame Zeit entschärfen. Am Ende geht die Arbeit danach wieder leichter von der Hand und alle fühlen sich ein Stück näher.
Häufig gestellte Fragen
Wie kann man das Teamgefühl auf Distanz stärken oder erhalten?
Auf den ersten Blick scheinen viele Faktoren, die sich positiv auf das Wir-Gefühl auswirken, in der virtuellen Zusammenarbeit verloren zu gehen. Doch es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, diese Nachteile zumindest zum Teil zu kompensieren:
Bin ich als Führungskraft alleine für ein funktionierendes Team verantwortlich?
Jein. Einerseits bist Du als Führungskraft am Ende des Tages natürlich dafür verantwortlich, dass es läuft. Aber mit etwas Glück (oder cleverer Personalauswahl) hast Du Unterstützer*innen bei dem Ziel ein gutes Team zu formen.
Manche Kolleg*innen verfügen über eine hohe Sozialkompetenz und können einen großen Beitrag zu einem guten Teamgefühl leisten. Sie fühlen sehr schnell, wenn es kriselt und gehen mit den betreffenden Personen bewusst ins Gespräch. Aber auch jenseits von Konflikten wissen Sie entweder intuitiv oder durch gute Schulung, wie sie durch ihr Verhalten zu einem guten Miteinander beitragen können. Stichwort: Kuchen zur rechten Zeit, Betonung der Gemeinsamkeiten, Verbreitung guter Laune, ein offenes Ohr für die Sorgen.
Manche Unternehmen stellen ganz gezielt Personen ein, die diese Funktion auch teamübergreifend erfüllen sollen. Diese heißen dann zum Beispiel Feel-Good-Manager*innen.
Und wenn es gerade weder besonders sozial kompetente Mitarbeitende im Team gibt, noch ein Feel-Good-Manager zur Verfügung steht, bleibt als Unterstützung immer noch die Personalentwicklung, die u.a. Angebote für Supervision, Teamcoaching oder Teamtraining zur Verfügung stellen können oder einen Coach für die Führungskraft.